Filmrezension
"cha cha real smooth" (2022) -
'ne frische brise
Das hier wird keine Kritik, weil es wahrscheinlich der mit Abstand beste Film ist, den ich in den letzten fünf Jahren gesehen habe. Ugh, die emotionale Tiefe der einzelnen Rollen, wie das Leben portraitiert wird, die Dialoge, die Chemie zwischen den Schauspielern und allgemein die schauspielerische Leistung – es war mir ein inneres Blumenpflücken, ich kann es nicht anders sagen.
Andrew (Cooper Raiff) ist 22 und arbeitet in einem Fastfood-Restaurant, um Geld für eine Reise zu seiner Freundin nach Barcelona zu sparen. Auf einer Bar-Mizwa lernt er Domino (Dakota Johnson) und ihre autistische Tochter Lola (Vanessa Burghardt) kennen und sie freunden sich an. Wahrscheinlich auch, weil Andrew mit seiner unvoreingenommenen und entspannten Art wider Erwarten sofort einen Draht zu Lola aufbauen kann. Domino, die eigentlich einen Verlobten hat, der aber ständig in Chicago ist, ist sichtlich angetan vom emotional intelligenten Andrew, und er findet sie auch nicht schlecht. Dass die beiden sich ständig auf unterschiedlichen Bar-Mizwas treffen und Andrew auch noch anfängt Lola zu babysitten, macht das Ganze nicht einfacher.
Wenn ich das so schreibe, wirkt die Geschichte fast zu simpel für das, was ich gesehen und gefühlt habe. Jede Rolle und ihre Interaktionen miteinander wirken handverlesen und echt. Menschlich. Die Dialoge sind entspannt, und wirken nicht überzogen, sondern ehrlich. Die Beziehungen zwischen den Figuren sind dynamisch. Psychische Krankheiten und Lolas Neurodivergenz werden thematisiert, ohne dass es dramatisiert oder die Betroffenen entmenschlicht werden und doch merkt man beispielsweise den Einfluss, den die bipolare Störung Andrews Mutter auf seine emotionale Entwicklung hatte. Er ist intelligent und hilfsbereit, hat Einfühlungsvermögen und tritt vorurteilsfrei an Andere heran, wodurch es ihm so leicht fällt, mit den Menschen in seinem Umfeld zu connecten. Domino und Lola auf der anderen Seite, haben damit eher Schwierigkeiten. In der Gemeinde gehen Gerüchte über die beiden rum, die Andrew aber einfach ignoriert.
Die Situationen sind manchmal unangenehm, aber nicht so sehr, dass es wehtut. Es ist manchmal schön, aber nie zu schön, um wahr zu sein. Es ist eine Geschichte, wie das Leben sie schreiben würde. Vielleicht. Mit Enttäuschungen, mit Liebe, mit Erfahrungen und Fehltritten und ein bisschen Fremdscham. Aber auch Wachstum, Selbsterkenntnis und Akzeptanz von Andersartigkeit und Umständen, die man nicht ändern kann.
Schlussendlich hinterlässt der Film weder Leere oder Enttäuschung, noch fühlt man sich überreizt oder duselig. In einer Welt, in der ständig so viele Dinge, Aussagen, die eigenen Gefühle und Gedanken auf die Goldwaage gelegt werden, fühlt sich „Cha Cha Real Smooth“ an, wie der Name klingt: es ist alles nicht so ernst, die meisten Fehler kann man vergeben, und dass alles schlussendlich, egal welche Karten man auf der Hand hat, irgendwie wieder okay sein wird. Smooth halt.